Besiedlung

2.1 Anfänge

2.2 Die Handelswege

Anfänge

Der undurchdringliche Wald um Böhmen machte das Land zu einer natürlichen Festung. In alten Beschreibungen hat der Waldgürtel verschiedene Namen wie „Fergunna“ und „Miriquidi“1. Die Kelten schon sollen das Erzgebirge „Suden“ oder „Sudöde“ und den Böhmerwald „Gabretawald“2 genannt haben. Mit dem Aufkommen des Bergbaus wird unser Gebirge von Gelehrten als „Montes metalliferi“ (metalltragende Berge) bezeichnet. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg setzte sich der Name „Erzgebirge“ durch.

Die Böhmen umgebenden Gebirge mit den riesigen Wäldern wurden schon seit frühester Zeit als Schutzwall angesehen. Sie waren Eigentum des Herrschers. Auch die Wälder in unserer Gegend waren „Königswälder“. Die ersten Siedler von „Rottendorf“ (Gebirgsneudorf) und Einsiedl bekamen ihre Huben „in dem Walde genannt das Königreich“ zugewiesen.

Wann sich die ersten Menschen im Erzgebirge sesshaft machten, wissen wir nicht. Im Moorboden am Schwarzen Teich bei Göhren wurden die Reste von Pfahlbauten und ein Einbaum gefunden. In der Nähe des Brandhübelweges in Deutscheinsiedel grub man 1977 einen hochmittelalterlichen Topf aus der Mitte des 12. Jahrhunderts aus.3 Damals führte hier die alte Salzstraße Halle - Wurzen -Sayda - Brüx vorbei. Im Katharinaberger Grund wurde beim Haus Nr. 164 (letzter Eigentümer Rudolf Walter) eines der sogenannten schuhleistenförmigen Steinbeile gefunden und im Katharinaberger Ortsteil Pachendörfel beim Baugrubenaushub eine Kulturschicht mit Steinwerkzeugen angetroffen. Leider hat man diesen Fund damals nicht weiter beachtet.4 In Rudelsdorf entdeckte man 1913 beim Schottern eines Waldwegs eine flache Silexspitze.5

Die schon im 11. Jahrhundert nachgewiesenen Glashütten6 und der aufkommende Bergbau brauchten Pottasche, Holzkohle und Grubenholz in großen Mengen. So fanden immer mehr Waldarbeiter, Köhler und die dazu gehörenden Nebenberufe in den unermesslichen Wäldern Arbeit.

Wann sich die ersten dörflichen Siedler in unserer engeren Heimat sesshaft machten, eine Waldfläche rodeten und ihre Hütten bauten, ist uns nicht überliefert. Dazu sagt Johann Hrdy in seiner Abhandlung „Böhmisch-Gebirgsneudorf und Einsiedel im Erzgebirge“ einleitend: „Jener Kamm des Erzgebirges, welcher sich von dem jetzigen Pfarrdorfe Gebirgsneudorf bis zu Einsiedel erstreckt, war, sowie die ganze Umgebung, in den früheren Jahrhunderten mit einem dichten Walde bedeckt und trug den Namen Königreich. Arme Kohlenbrenner und Bergleute aus Sachsen, Thüringen und Hessen besiedelten im 12. Jahrhundert diesen Theil des Gebirges, rodeten den Wald aus erbauten sich daselbst niedrige Hütten aus Holz und Lehm und nährten sich samt ihrem Familien durch harte, mühselige Arbeit. Sie waren die ersten Culturträger des Erzgebirges.“

Wenn die Anfänge so waren, dann sind die Orte unseres Gerichtsbezirks „aus wilder Wurzel“ entstanden.7 Bis in das beginnende 13. Jahrhundert dürften die Anfänge von Katharinaberg, Brandau, Gebirgsneudorf, Einsiedl, Kleinhan, und Ladung zurückreichen. Um diese Zeit entstanden auch Olbernhau, Blumenau, Sorgau, Ansprung und Zöblitz. Olbernhau wird 1289 als böhmischer Ort genannt.

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Die Handelswege

Der wichtigste und wohl älteste Weg über das Gebirge lief von Pirna über den Pass von Nollendorf nach Kulm. Es war der alte Sorbensteig, der schon zur Römerzeit begangen wurde. Pastor Lehmann nennt folgende Übergänge:8 „Vor Alters hat man von Freyberg von der Grentze herauf kaum drey sonderliche Pässe gehabt als
1. von Frauenstein auf Graupen und Döplitz,
2. zum Reitzenhayn und
3. Preßnitz“.

Skizze der frühen Wege über das ErzgebirgeIn unserer näheren Umgebung verlief der „Alte böhmische Steig“ von Halle - Freiberg - Sayda - Einsiedl über Brüx nach Prag. In Sayda zweigte ein Weg ab über Georgendorf - Fleyh - Göhren - Oberleutensdorf nach Brüx. Der arabische Handelsmann Ibrahim ben Jakub (in anderen Berichten wird er als jüdischer Kaufmann Jakob Abrahamson bezeichnet) benutzte bereits 973 den alten Handelssteig auf seinem Weg von Halle nach Prag. In seinem Reisebericht beschreibt er ihn so: „Von der Burg Wurdzin (Wurzen), die am Meldenflusse (Muldawa) liegt, bis zum Ende des Waldes 25 (arabische) Meilen (eine arabische Meile ist 1,6 km, also 40 km), von dem einen Ende des Waldes bis zum anderen 40 Meilen (64 km), über lauter Berge und durch Wildnisse und schließlich über eine hölzerne Brücke (vgl. Brüx = Bruckes), die durch einen Morast (die Seewiese des Kommerner Sees) von ungefähr zwei Meilen (3,2 km) am Ende des Waldes führt, von da gehts zur Stadt Braga (Prag).“ Die Forscher sind sich nicht einig, ob der Weg durch den Wald über Einsiedl oder Fleyh - Göhren geführt hat.9

Ein weiterer wichtiger „böhmischer Steig“ führte von Chemnitz - Zöblitz - Kallich nach Komotau und ein anderer von Zöblitz nach Olbernhau - Brandau - Kleinhan bzw. Kallich nach Görkau - Komotau.10 Von Sayda lief eine Querverbindung über Olbernhau - Brandau nach Kleinhan- Kallich.11 Im Gebirge gab es zahlreiche Verzweigungen, teils wegen schlechter Wege, aber auch zur Umgehung der Zollstätten. Alle Wege führten über die Egerfurten weiter nach Prag.

Entlang des Flöha- und Schweinitztals lief der „alte böhmische Saumpfad“ (antiqua semita Bohemorum), der den Pass bei Gebirgsneudorf überquerte. Er ist seit 1144 im Cod. Dipl. Saxoniae bezeugt.12 Wegen der Versumpfung der Tälerdurch die damals noch nicht regulierten Bäche und Flüsse wurden die Saumpfade und Steige möglichst in der Nähe der Wasserscheide, dem Oberlauf der Bäche und Flüsse oder über die Höhenzüge der Berge gewählt. Wo der Saumpfad durch das Schweinitztal zur Passhöhe führte, wissen wir nicht. In seiner Bedeutung stand er aber weit hinter dem „böhmischen Steig“ bei Einsiedl.

Die wichtigsten Wege waren durch „Landestore“, auch „Pforten“ genannt, geschützt, die nur an einzelnen Punkten Einlass gewährten. In ihrer Nähe wurden Leute angesiedelt, welche die Wege instandzuhalten zu bewachen und bei Gefahr zu „verhauen“ hatten (mit Baumstämmen sperren). Diese Grenzbewohner wurden „Wachen“ genannt.

An den Landesgrenzen forderte der König an seinen Zollstationen den „Großen oder Landeszoll“. Die Grundherrschaften verlangten vom Handelsmann in ihrem Territorium den „Kleinen Zoll“. Aus diesen Einnahmen wurden auch die Wege und Brücken sowie die Knüppelstege über sumpfiges Gelände unterhalten. Wenn die Reisenden Schutz begehrten, mussten sie dafür zusätzlich „Geleitgelder“ zahlen. Darüber hinaus waren sie für den Zollberechtigten eine reichlich sprudelnde Einnahmequelle. Neben Tausch- und Landesprodukten wurde hauptsächlich Salz nach Böhmen transportiert, das dort nicht vorkam.

Im Laufe der Jahrhunderte zogen immer wieder Kriegsheere über das Gebirge. Die ersten Überschreitungen sollen 1040 und 1126 gewesen sein.13 Etwa ab dem 13./14. Jahrhundert, dem aufkommenden Erzbergbau und in der Regierungszeit Karl IV. wurden die Wege über das Gebirge bedeutend vermehrt.

Der durch das Schweinitztal über den Gebirgsneudorfer Pass nach Brüx führende Steig wurde von verschiedenen Aussichtspunkten überwacht. Bei Brandau lag die Wache im „Raubschloss“. Talaufwärts könnte am Katharinaberger Wachhübel ein Beobachtungsposten gewesen sein. Dort steht seit 1902 der Aussichtsturm. In der Näher querte der von Sayda - Oberseiffenbach - Deutschneudorf kommende und über den Kaiserweg nach Kleinhan bzw. Ladung - Görkau - Komotau verlaufende Salzweg. Der Passübergang in Gebirgsneudorf wurde vom 765 m hohen Wachhübel und den Wachtberg oberhalb von Marienthal gesichert.

Interessanten Aufschluss über die Verhältnisse im siebzehnten Jahrhundert gibt Pastor Christian Lehmann. In seinem Buch „Historischer Schauplatz“ führt er u. .a. aus: „Durch diese Pässe haben die Gebirger im Dreißigjährigen Krieg großen Schaden erlitten, daher diese Waldpässe Anno 1631 im September weit und breit verhauen, viel tausend Bäume gefället, daß sie meistens mannshoch übereinander lagen, weder Roß noch Wagen durchkonnte, und mußte Korn, Malz und Mehl, alles herüber getragen, geschleppt und kümmerlich durchgezogen werden. ...“14

Neben diesen Hauptwegen gab es mit zunehmender Besiedlung noch viele andere Steige. Dazu noch einmal Pastor Lehmann: „Zu geschweigen der vielfältigen Kohl- und Holzfuhrwerke, die ein jeder nach Erforderung der Noth bauet und brücket, ingleichen der Flügelwege und Schnepfensteige, also daß ein Gebirgischer, welcher die Lage der Orte beiläufig weiß, sich wegen der abgetriebenen Wälder endlich wohl herausfinden kann.“

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1„Es hieß schon Miriquidi oder Fergunna“ von Ernst Braun: Sudentendeutsche Zeitung, 43. Jahrg., Folge 27, S. 6 vom 05.07.1991

2Christian Lehmann: „Historischer Schauplatz“, S. 9

3„Um Olbernhau und Seiffen“, S. 149. Band 3 der Schriftenreihe „Werte unserer Heimat“, Akademie Verlag, Berlin 1985

4„Aus Alt-Katharinaberg“ von Alois Walter, S. 14

5„Vorgeschichtliche Funde vom Kamme des Erzgebirges“ Erzgebirgische Zeitung, 62. Jahrg. 1941, S. 81 ff.

6Funde bei Moldau (hart an der sächsischen Grenze bei Rehefeld) und bei Zöblitz

7„Aus wilder Wurzel ...“ nennt man jene nichtplanmäßigen Ansiedlungen, die z.B. um eine Köhler- oder Waldarbeiterhütte entstanden.

8Christian Lehmann: „Historischer Schauplatz“, S. 153

9„Burgen des sächsischen Erzgebirges“ von Dr. Böhnhoff in „Glückauf!“ Zeitschrift des sächsischen Erzgebirgsvereins 29. Jahrg., Nov. 1909, S. 166

10„Auf den Spuren einer alten Sage das 'Raubschloß' gefunden“ von Albrecht Kirsche in Erzgebirgische Heimatblätter, Nr. 3/1987, S. 65 ff.

11„Die ältesten Wege in Sachsen“ von H. Wiechel in „Isis“, Jahrg. 1901, S. 35

12„Katharinabergs Bergbau“ von Prof. Alois Hojer, Erzgebirgische Zeitung 58. Jahrg. 1937, S. 51

13a) „Das böhmische Erzgebirge“ von Viktor Karell, Band 1, S. 28
b) „Heereszüge über das Erzgebirge“ von Anton Schreinert in Erzgebirgische Zeitung, 62. Jahrg. 1941, S. 26 ff.

14Christian Lehmann: „Historischer Schauplatz“, S. 151